Bonjour, Nantes! (Part 1)

Ein kleiner Einblick in die Welt Frankreichs aus der Sicht einer Sechzehnjährigen

Uff. Drei Stunden im Zug nach Nantes und es kam mir vor wie eine…

„Was heißt eigentlich  ‚schwer‘ auf Französisch?“

„Loir.“

Und genau das war er, mein Koffer, und er kam mir sogar noch schwerer vor als vor Paris. Die Treppen, von denen es am Bahnhof in Nantes einige gab, kamen daher ein wenig ungünstig… Ich nahm sie dennoch in Angriff, auf den Lift zu warten hätte eine Ewigkeit gedauert.

Ich war gerade ziemlich bei der Hälfte der Stiegen, als mir (schon wieder!) jemand beim Koffer-tragen half.

„Merci… merci beaucoup.“ Mehr konnte ich mit meinem minimalen Französisch nicht herausbringen. Dennoch lächelte der Mann, er sah meine Dankbarkeit in meinen Augen.

Da fiel mir noch etwas ein. „C’est très loir.“

Der Mann lachte. Praxis ist schließlich alles.

Also ja, es ging nach dem Wochenende in Paris (siehe Bonjour, Paris!) gleich mit dem Zug in die Hafenstadt Nantes, ziemlich im Westen Frankreichs. (unter anderem hat auch Jules Verne hier ein Jahr gelebt!) Dort verbringen wir gute zwei Wochen, um das alltägliche französische Leben kennenzulernen, die erste Woche in den von der Sprachschule organisierten Familien, in der zweiten bei Schülern unserer Partnerschule. Dazwischen gibt es noch ein Wochenende in la Baule, aber dazu ein anderes Mal…

Jojo, meine Zimmergenossin,  und ich wohnten bei einer älteren Witwe ein wenig außerhalb von Nantes, in einem ruhigen, gepflegten Viertel. Die Madame hat uns wirklich freundlich aufgenommen (wie kann man so geduldig mit unserem Französisch sein?), außerdem hat sie sehr gut ihre französischen Spezialtäten gekocht.

Wir zwei sind jeden Tag eine gute Stunde zur Sprachschule gefahren, aber das war für gewöhnte Pendler wie mich kein Problem.

Das Beunruhigende war eher (neben der Tatsache, dass sie weder Englisch noch Deutsch konnte, sondern nur Französisch), dass ich kein Internet im Haus hatte. Anfangs war ich total verzweifelt –was ist das für eine Jugend?- aber mit der Zeit konnte ich mich damit abfinden, schließlich hatte ich in der Stadt dann an jeder Ecke Internetverbindung und für eine gewisse Zeit am Tag seine Ruhe zu haben war auch schön.

Es ist wirklich was komplett anderes, in der Schule zu sitzen und eine Stunde Französisch abzusitzen, als in Frankreich zu sein, knappe sechs Stunden in der Sprachschule intensiv die Sprache zu lernen, in der Straßenbahn Gesprächsfetzen aufzuschnappen und beim Abendessen versuchen, halbwegs grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden; man lernt insgesamt so viel mehr.

Zugegeben, die Kommunikation war zu Beginn mehr als schwer, wie sollten wir auch wissen, wie man sich mit minimalstem Wortschatz mit einer älteren französischen Frau unterhält?

Sicher vermisse ich auch Deutsch (besonders die Bücher!) und man hat nicht immer Lust, durchgehend Französisch zu reden, besonders nicht in der Früh.

Aber mit der Zeit bekam man den Dreh raus, man fragt automatisch, wie es einem geht, man antwortet ohne vorher ganze Dialoge auswendig gelernt zu haben und schafft es auch ohne Hör-Übung Menschen zu verstehen. Und das ist ja die Hauptsache, nicht wahr?

Und das Seltsamste: ich fühl mich hier nicht wie eine Ausländerin.

Vielleicht liegt es daran, dass ich hier mitten im Alltag lebe, oder dass ich wie ein normaler Teenager in die (Sprach-)schule gehe. Ich weiß es nicht. Aber langsam fange ich an, mich an dieses Gefühl zu gewöhnen.

Grüße aus Frankreich,

Berni S.

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